Die gute Arbeit von morgen: Sozial. Digital. Klimaneutral

Kapitel 2.1

Die Arbeit von morgen wird besser.

So einfach ist unser Ziel: Die Arbeit von morgen wird besser.

Dieses Ziel erreichen wir, indem wir jede Veränderung zum Anlass nehmen, die Arbeitswelt zu gestalten. Wir lieben die Veränderung, weil sie Chancen mit sich bringt, noch mehr für das gute Leben zu erreichen. Selten war unsere Chance auf Verbesserung so groß wie genau jetzt, da sich in unserer Gesellschaft so viel verändert.

Nehmen wir zum Beispiel die Digitalisierung und den Klimawandel. Unternehmen vernetzen sich weltweit, neue Technologien entstehen in Rekordtempo, neue Produktionsverfahren setzen sich durch. In diesem weltweit stattfindenden Prozess gibt es unendlich viel zu tun. Welches Land könnte mehr dazu beitragen und mehr davon profitieren als das Technologie- und Energieland NRW? An dieser Aufgabe wollen wir in Nordrhein-Westfalen arbeiten. Wir wollen eine Partnerschaft zwischen sozialem Unternehmertum, starken Beschäftigten und einem handlungsfähigen Staat auf Augenhöhe. Es entstehen neue Berufsbilder. Die Wirtschaft wächst. Genau diese Veränderung gestalten wir, indem wir darauf achten, dass neue Arbeit noch besser wird als alte. Wir fördern Technologie, die große Chancen mit sich bringt, damit die Arbeit besser bezahlt wird. Wir fördern Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gute Arbeit bieten. Wir stellen sicher, dass wir alle vom Wachstum durch Digitalisierung und Transformation profitieren.

Das heißt für uns konkret:

Wir werden dafür sorgen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker an den Gewinnen von Unternehmen beteiligt werden, sowohl durch höhere Löhne als auch durch gemeinschaftlich kontrollierte Kapitalanteile an ihren Unternehmen. Diese Form von Beteiligung ist für uns eine sinnvolle Ergänzung zu den auszuweitenden Mitbestimmungsmöglichkeiten auf Betriebs- und Unternehmensebene. So entsteht ein gemeinsamer Wille zum Gewinn und Unternehmenserfolg im ganzen Land. Das macht unsere Wirtschaft stärker.

Wir werden dafür sorgen, dass Mitarbeitende und Gewerkschaften auch bei Themen wie betrieblicher Weiterbildung, Digitalisierung, Personalplanung und unternehmerischen Zukunftsstrategien in den Betrieben mitbestimmen. Denn oft haben nicht nur die Eigentümer, sondern gerade die Beschäftigten die besten und konkretesten Lösungen im Blick. Viele Unternehmen setzen deshalb auf das Know-how ihrer Beschäftigten. Das hat sich auch im Projekt Arbeit 2020 gezeigt, welches zum Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen ist. Die guten Ansätze dieses Projektes wollen wir in einem umfassenden Programm auf weitere Unternehmen und Branchen ausweiten. Damit unterstützen wir den Erfolg unserer Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen.

Ganz Nordrhein-Westfalen – ohne Ausnahme – wird in den kommenden fünf Jahren Zugang zu schnellstem Internet bekommen. 5G wird im ganzen Land Standard für den Mobilfunk werden.

Wir wollen Veränderung aktiv vorantreiben, um nicht Getriebene der Veränderungen zu werden. Genau deshalb investieren wir im großen Stil. Wir werden in Nordrhein-Westfalen 30 Milliarden Euro in einem Transformationsfonds zur Verfügung stellen. Der Fonds wird durch strategische, temporäre Unternehmensbeteiligungen das Eigenkapital der (mittelständischen) Unternehmen stärken, damit ihre Unabhängigkeit sichern sowie ihre Kreditwürdigkeit und somit ihre Investitionsfähigkeit und Stabilität deutlich erhöhen. Zielgruppen sind zum Beispiel Unternehmen und Betriebe, die auf Elektromobilität, auf Wasserstoffbasis oder auf zirkuläre Wertschöpfungskonzepte umstellen wollen. Zudem werden wir unter Beteiligung der jeweiligen Wirtschaftszweige, der Gewerkschaften, aber auch durch die Zivilgesellschaft eine Agentur gründen, die diese Transformation koordiniert, die Beteiligten berät und auf dem Weg zur Arbeit von morgen unterstützt.

Gleichzeitig kurbeln wir die Nachfrage nach neuer Technologie hier im Land an, indem wir durch langfristige und verlässliche öffentliche Investitionen in Klimafreundlichkeit und Digitalisierung dafür sorgen, dass Unternehmen sich hier auf die großen Zukunftsaufgaben spezialisieren und entwickeln können. Damit diese Entwicklung auch zum Wohle aller Menschen ist, sorgen wir mit einem Tariftreue- und Vergabegesetz dafür, dass bei allen Investitionen des Landes auch faire Bezahlung der Arbeitnehmenden garantiert wird.

Das ist eine wirksame Strategie für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes, weil wir gleichzeitig Unternehmen stärken und den Markt schaffen, auf dem sie erfolgreich wirtschaften können.

Was wir an Tempo der Wirtschaft abverlangen, das nehmen wir uns auch für die öffentliche Verwaltung vor. Wir werden sie schneller digitaler machen. Alle Bürgerdienstleistungen sollen in Zukunft online erledigt werden können. Alle Ämter sollen alles, was digital besser geht, auch digital lösen. Dabei unterstützen wir die Beschäftigten in den Kommunalverwaltungen bei Umsetzung und Umstellung. Genau wie der Bund wollen wir mehr Expertise für Daten in die öffentliche Verwaltung holen. Wir wollen open-source Lösungen im öffentlichen wie im privaten Bereich fördern. Außerdem werden wir die gemeinsame Entwicklung und Nutzung kooperativer oder kommunaler Plattformmodelle – etwa für den lokalen Einzelhandel oder alternative Service- oder Wohnungsportale – landesweit vernetzen und deren Aufbau vor Ort durch Förderprogramme des Landes unterstützen. Dabei sind wir nicht naiv. Wir wissen, dass eine digitalisierte Gesellschaft auch größeren Bedrohungen ausgesetzt ist, und genau deshalb werden wir massiv in IT-Sicherheitsforschung investieren.

Viel Digitales passiert schon an ganz vielen Stellen, in den kommunalen Verwaltungen und Unternehmen, aber auch und gerade im lokalen Handel, bei Dienstleistern oder der örtlichen Wirtschaft. Die lokalen und örtlichen Netzwerke wollen wir vermehrt durch Beratung und maßgeschneiderte Programme fördern, um ein engmaschiges Netz über ganz Nordrhein-Westfalen spannen zu können.

All das folgt einem einfachen Prinzip: Wir sind der Überzeugung, dass es für keine Herausforderung der Zukunft „die eine große Lösung“ gibt. Die Lösung liegt in vielen kleinen Lösungen, die zusammenwirken. Deshalb gestalten wir politisch den Rahmen so, dass viele Unternehmen und Ideen sich durchsetzen können. Konkret heißt das, dass wir Geld zur Verfügung stellen, damit auch kleinere und mittlere Unternehmen direkt mit Hochschulen zusammenarbeiten können. So wird Forschungs- und Entwicklungsarbeit zum Treiber für den gesamten Mittelstand. Wir sind die treibende Kraft, dass alle vom Wandel und Fortschritt profitieren. Wir wollen ihn so gestalten, dass in Nordrhein-Westfalen wieder Vollbeschäftigung mit guter Arbeit herrscht.

Dabei behandeln wir Ungleiches nicht gleich. Die sehr unterschiedlichen Bedingungen in den verschiedenen Wirtschaftsregionen NRWs verlangen nach passgenauen Lösungen. Gerade das Rheinische Revier steht vor einer rasanten und tiefgreifenden Umwälzung. Für uns bedeutet der Kohleausstieg nicht das Ende, sondern er ist der Start für neue Möglichkeiten. Konkret werden wir im Rheinischen Revier die Vergabe von Fördermitteln des Bundes massiv vereinfachen, damit Neues schneller entstehen kann. Gerade die Ansiedlung von neuem Gewerbe und neuer Industrie wollen wir fördern, indem wir dies bei der Landesplanung berücksichtigen und vereinfachte Verfahren für eine Sonderplanungszone schaffen. Maßnahmengesetze sind ein wichtiger Baustein. Wir wollen ein pulsierendes Revier als Industrieregion mit gut bezahlten und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen.

Auch den von der Beendigung der Steinkohleverstromung betroffenen Städten im Ruhrgebiet wollen wir zur Umsetzung des „Fünf-Standorte-Programms“ solche Vereinfachungen bei der Fördermittelnutzung und der Landesplanung zur Verfügung stellen.

Nicht nur im Rheinischen Revier und dem Ruhrgebiet, sondern im ganzen Land sind die Regionen und Kommunen starke Partner, damit die gute Arbeit von morgen durchgesetzt wird. Deshalb werden wir die Möglichkeit der Kommunen zur wirtschaftlichen Betätigung stärken und passgenaue Förderstrukturen und -programme auflegen. Der Wandel passiert vor Ort; dort sind die Menschen, die sich auskennen und wissen, wie der Wandel funktionieren kann und was dafür notwendig ist. Diese Expertise wollen wir bündeln, indem wir die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft und die kommunalen und regionalen Entscheidungsträger in regionalen Transformationsräten zusammenbringen. Die regionalen Transformationsräte sorgen hier für einen Neustart, insbesondere für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Unser Ziel der Vollbeschäftigung braucht nachhaltiges Wachstum. Wir sind nicht bereit, zu akzeptieren, dass unsere Wirtschaftsordnung für manche Menschen keine Perspektiven bietet. Menschen wollen Arbeit. Menschen wollen sich einbringen und sich entfalten.

Wir wollen dafür sorgen, dass jede Arbeit – ehrenamtliche wie Lohnerwerbsarbeit – zu gesellschaftlicher Teilhabe, Stolz, Zufriedenheit und Erfüllung führt. Jede Tätigkeit hat Wertschätzung, Leistungsgerechtigkeit und Sicherheit verdient. Ein sicherer Job, besserer Lohn, mehr Wohlstand – das alles sind Ziele, die wir befördern wollen, egal ob die Arbeit digital geleistet wird oder ob man als Pflegekraft, am Fließband oder als Solo-Selbstständiger unterwegs ist.

Für viele Unternehmen und Handwerksbetriebe ist gute Arbeit selbstverständlich. Leider ist das nicht überall so. Keine Chance soll deshalb die Ausbeutung bekommen. Wir werden 1.000 neue Stellen beim Arbeitsschutz schaffen, um die Arbeitsschutzverwaltung NRW zu einer modernen, technisch gut ausgestatteten und wirksamen Eingreiftruppe auszubauen. Damit in ganz Nordrhein-Westfalen Arbeitsschutzverstöße mit allen Mitteln des Rechtsstaates besser verfolgt werden können, sorgen wir dafür, dass es in jeder Staatsanwaltschaft in Nordrhein-Westfalen eine speziell in Arbeitsschutz fortgebildete Staatsanwältin oder Staatsanwalt gibt.

Mehr Wohlstand zu wollen, ist kein Widerspruch zu Arbeitszeitverkürzungen oder familienfreundlichen und inklusiven Arbeitszeitmodellen, zu fairen Löhnen, zur Aufwertung bislang unterbezahlter Dienstleistungsberufe, zur Forderung nach Abschaffung der sachgrundlosen Befristung oder gar zu einer breiten sozialen Absicherung. All dies gehört zu unserem Verständnis, dass Wohlstand nur gerecht werden kann, wenn respektvoll mit denen umgegangen wird, die ihn erwirtschaften. Unser Verständnis bedeutet konkret, dass wir im öffentlichen Dienst vorbildlich für die gesamte Wirtschaft, Anreize und Angebote schaffen, die eine gerechte Verteilung von unbezahlter Pflege- und Familienarbeit fördern, sowie ein Entgeltgleichheitsgesetz vorlegen. Darüber hinaus wollen wir die Kompetenzzentren Frau und Beruf zu zentralen Anlaufstellen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für eine familienfreundliche Gestaltung der Arbeitswelt weiterentwickeln.

Wir unterstützen Menschen, die mehr vom Leben wollen. Wenn mehr Wohlstand entstehen soll, dann braucht es nachhaltiges Wachstum und gerechte Verteilung. Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen soll produktiver werden, sie soll mehr Umsätze machen und mehr Gewinn, der allen zugutekommt. Den Luxus, kein Wachstum zu wollen, können sich nur diejenigen leisten, die bereits zu den Gewinnerinnen und Gewinnern unserer Wirtschaftsordnung zählen.

Wachstum ist unser klares Ziel und gleichzeitig verschließen wir nicht die Augen davor, dass Wachstum in der Art, wie wir heute wirtschaften, nicht ohne Schaden zu erzielen ist. Ressourcen werden in der Wirtschaft verbraucht, das Klima wird belastet durch Industrie und Gewerbe. Diese Probleme des Wachstums können wir nicht ignorieren. Genau deshalb ist unser Grundsatz: Wachstum ohne Zerstörung.

Wir wollen unsere Wirtschaft so schnell wie möglich zu einer Kreislaufwirtschaft („zirkuläre Wertschöpfung“ oder „cradle-to-cradle“) umbauen. Das heißt, dass wir Ressourcen nicht verbrauchen, sondern immer wieder neu nutzen. Kein Abfallprodukt mehr, das nicht an anderer Stelle neue Verwendung findet. Schon beim Produktdesign, der Herstellung und dem Vertrieb soll darauf geachtet werden, dass Wiederverwertung nach der Nutzung möglich ist. Wachstum bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir die Wiederverwendung beschleunigen, statt den Verbrauch. Wir wollen Rohstoffe an so vielen Stellen immer wieder in den Kreislauf einspeisen, dass mehr Wirtschaftskraft, mehr Arbeitsplätze und mehr Gewinne entstehen. Dazu benötigen wir eine Kreislaufwirtschaftsstrategie. In deren Rahmen wollen wir ein Kompetenzzentrum Zirkuläre Wertschöpfung aufbauen und die Forschungs- und Innovationsförderung verstärken. Wir sehen die Kommunen und Regionen als Treiber beim Zirkulären Wirtschaften. Mit ihren Netzwerken aus Politik und Verwaltung, Unternehmen, Hochschulen und Verbänden sowie unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wird der Strukturwandel hin zu einer abfallfreien Gesellschaft gelingen. So sind bei der Vergabe und im Beschaffungswesen kreislauffähige Produkte und Dienstleistungen zu berücksichtigen. Wir werden regionale Pläne und kommunale Konzepte zum Zirkulären Wirtschaften fördern, die bis 2025 zu erstellen sind. Durch intelligente Land-Stadt-Kooperationen können zahlreiche, qualifizierte Arbeitsplätze in der zirkulären Bioökonomie entstehen.

Nordrhein-Westfalen ist Energie. Und Nordrhein-Westfalen muss Energieland bleiben!

Der von Menschen verursachte Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit und eine existenzielle Bedrohung allen Lebens auf unserem Planeten. Die entscheidenden Weichen zur Lösung der Klimakrise werden in den nächsten Jahren gestellt. Als notwendigen Beitrag zur Überwindung dieser Krise werden wir unter Berücksichtigung der nationalen Klimaziele das NRW-Klimaschutzgesetz novellieren und abgeleitet von dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens die Ziele, die Maßnahmen und das Monitoring zur Erreichung der Zielerreichung für NRW festschreiben.

Energiewende und Klimaschutz sind eine Riesenchance für unser Land. Kein anderes Bundesland verfügt über so viel technologisches Know-how in der Energiewirtschaft wie Nordrhein-Westfalen. Deutschlands größte Energieversorger, aber auch größte industrielle Energieverbraucher, haben hier ihren Sitz, ebenso wie die wichtigsten Universitäten und Institute und vor allem hunderte mittelständische Champions im Bereich der Erneuerbaren Energien, neuen Antriebstechnologien und Energiespeicher. Für uns gilt unverändert der Grundsatz des Kohlekompromisses, dass der Kohleausstieg erfolgen wird, wenn die (jetzt beschleunigten) Ziele des Ausbaus der Erneuerbaren nachprüfbar erreicht sind. Der gleichzeitige Ausstieg aus Kernkraft und Kohle kann nur unter Wahrung der Versorgungssicherheit gelingen. Was über Jahrzehnte vor allem mit Kohle verbunden wurde, wird zukünftig mit Wind, Sonne, Wasserstoff verbunden sein. Denn Nordrhein-Westfalens Industrie ist angewiesen auf eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung. Ebenso sind es die neun Millionen privaten Haushalte im Land, die vor solchen Preissteigerungen geschützt werden müssen, wie wir sie in diesem Winter aufgrund des Preisauftriebes von Erdgas, Erdöl und Importkohle erlebt haben. Gegenüber diesen Preisen senkt bereits heute jede Kilowattstunde aus Windenergie und Sonne den Strompreis. Wir müssen deshalb schleunigst den Rückstand aufholen, den das Ausbremsen der Erneuerbaren Energien der bisherigen Landesregierung verursacht hat. Dazu gehört für uns auch, dass wir die Kraft-Wärme-Kopplung stärker fördern, das Fernwärmenetz ausbauen und insgesamt den Energieinfrastrukturausbau vorantreiben. Dabei ist darauf zu achten, dass das Fernwärmenetz aus erneuerbaren Energien gespeist wird. Daher sind vor allem auch großtechnische Lösungen wie Großwärmepumpen, Groß-Solarthermie und Industrielle Abwärme zu forcieren. Dabei müssen wir realisieren: Irgendwo muss der Strom herkommen. Deswegen wird moderne Wind- und Solarenergienutzung zukünftig zu nahezu jedem Ort in Nordrhein-Westfalen selbstverständlich dazugehören. Das funktioniert aber nur, wenn die Menschen vor Ort auch direkt etwas davon haben. Hier gibt es exzellente Beispiele im Land, wo Bürgerinnen und Bürger beteiligt und Kommunalhaushalte durch Einnahmen aus der Energieerzeugung gestärkt werden. Dies flächendeckend proaktiv anzustoßen, ist unsere Aufgabe.

Wir wollen den Klimaschutz zum Gewinn für alle machen. Um Widerstände aufzulösen und bessere Lebensbedingungen für alle zu schaffen, wollen wir die Beteiligung der Bevölkerung an den Gewinnen aus erneuerbarer Energie. Zum Beispiel soll die Bevölkerung in der Nähe von Windenergieanlagen von vergünstigten Strompreisen profitieren oder sich finanziell an den Anlagen beteiligen können. So schaffen wir es, dass Nordrhein-Westfalen seinen angemessenen Beitrag zu den bundesweit angestrebten zwei Prozent des Bundesgebietes für Windstrom bereitstellt, sei es in Wirtschaftswäldern oder durch Aufhebung der derzeitigen starren Abstandsflächen.

Als ersten Schritt werden wir eine realistische Untersuchung aller Potenziale der erneuerbaren Energien und der zur Erreichung der Klimaschutzziele erforderlichen Kapazitäten für diese Energieträger in Auftrag geben. Auf dieser Grundlage werden wir die Energiestrategie des Landes vom Kopf auf die Füße stellen und alle erneuerbaren Energieträger stärker als bisher ausbauen.

Insgesamt wird die Stromproduktion in Nordrhein-Westfalen dadurch steigen. Überschussmengen werden in grünen Wasserstoff umgesetzt und gespeichert. Für Zeiten witterungsbedingt geringerer Stromproduktion wird dieser wieder genutzt werden können, ebenso wie andere Speichertechnologien, in denen NRW durch die Bank führend ist. Das ist auch zwingend notwendig, denn zukünftig wird durch die Elektrifizierung des Heizens und der Mobilität mehr Strom gebraucht werden als heute. Durch die höhere Effizienz einer maßgeblich strombasierten Erzeugung verringert sich der Gesamtenergiebedarf aber erheblich. Die Erneuerbaren Energien wirken als Energiepreisbremse und ihre heimische Nutzung verringert gleichzeitig die Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern.

Wir werden einen transparenten und leicht zu verstehenden, öffentlichen Kostennavigator für die künftigen Energiepreise (Wasser, Strom, Heizung) entwickeln, damit sich alle Menschen auf die neuen Energiepreise einstellen können. Dieser Navigator zeigt auch an, welche Hilfen seitens des Staates zur Energieförderung, für welche Einkommensgruppen zur Verfügung stehen. Die hohen Energiepreise werden die Kaufkraft vieler Familien einschränken und auch die Nachfragekaufkraft schwächen. Könnte die erneuerbare Energie besser gespeichert werden, wären die Kosten für den Energieverbrauch für die Verbraucher langfristig stabiler und kalkulierbarer. Das erfordert allerdings ein großes Investment für die Speicherinfrastruktur.

Das alles ist für uns kein theoretisches Unterfangen. Wir machen es ganz konkret:

Nordrhein-Westfalen verfügt mit der „Innovation City Bottrop“ über ein einzigartiges Modellprojekt mit weltweiter Strahlkraft für den sozial-ökologischen Fortschritt. Wir werden nach diesem Vorbild einen Klimamasterplan „Innovation Cities NRW“ auflegen, der in 1.000 Quartieren in den NRW-Kommunen lokale Energiewendeansätze vorantreibt, insbesondere im Bereich der energetischen Sanierung von Gebäuden. Die Initiative ist auch ein großes Auftragsprogramm für Handwerk und Mittelstand vor Ort und stärkt die Städte und Gemeinden. Damit werden wir die Lebensqualität der Menschen verbessern, einen großen Beitrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor leisten und dafür sorgen, dass Wohnen bezahlbar bleibt.

Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes an der Transformation mitwirken können. Genau deshalb schaffen wir ein Modellprojekt „Klimaneutraler Konsum“, um Menschen darüber aufzuklären, wie sie nachhaltig konsumieren können. Auch als Land möchten wir als Vorreiter vorangehen. Wir möchten in der Zukunft auf landeseigenen Flächen und Veranstaltungen auf Einwegmüll verzichten und Mehrwegbehältnisse priorisieren. Zudem setzen wir uns für Steuervorteile bei reinen Unverpackt-Läden ein und streben eine Verpflichtung für Unverpackt-Abteilungen bei Supermärkten und Discountern an. Die völlig kontraproduktive Beendigung der seit 30 Jahren erfolgreichen Energieagentur NRW durch die aktuelle Landesregierung hat der Energiewende in Nordrhein-Westfalen geschadet. Wir wollen eine Energie- und Klimaagentur NRW, die Personal, Netzwerke und Know-how aus dieser erfolgreichen Arbeit nutzt und auf personelle und finanzielle Kapazitäten in vergleichbarem Umfang zurückgreifen kann.

Ganz Nordrhein-Westfalen wird sich verändern. Wir wollen Solaranlagen auf jedes Dach bringen, auf dem das geht. Verpflichtend für jeden Neu- und Umbau von Gewerbeimmobilien. Gefördert für jedes bestehende Gebäude. Öffentliche Gebäude sollen hier Vorbildfunktion übernehmen. Das allein ist uns nicht genug. Wir denken weiter. Was heute Menschen vor Lärm schützt, kann zusätzlich unser Klima retten. Das heißt, dass wir möglichst jede Lärmschutzwand entlang von Autobahnen und Gleisen mit Photovoltaikpanels ausstatten werden. Für uns nur ein Beispiel dafür, wie wir das ganze Land systematisch nach Chancen für mehr erneuerbare Stromproduktion absuchen wollen.

Zentral für den Erfolg der Energiewende ist Tempo. Teilweise über zehn Jahre gehende Planverfahren gefährden eine sichere und kostengünstige Versorgung mit Energie. Mit der Einrichtung von Beschleunigungszentren und Service-Centern für die kommunalen Genehmigungsbehörden wollen wir die Bearbeitung von Genehmigungsanträgen nach Bundesimmissionsschutzgesetz und die rechtssichere Ausweisung von Zonen für die Windenergienutzung erleichtern und deutlich schneller machen. Hier soll überregional Expertise zusammengezogen werden, um Behörden auf Gemeinde- und Kreisebene zu entlasten und Planung und Genehmigung zu unterstützen. Für die wichtigsten Infrastrukturprojekte unserer Zeit schaffen wir damit Beschleunigung und mehr Rechtssicherheit.

Wir werden die Kommunen in NRW anhalten, innerhalb der nächsten drei Jahre einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen, der ausgearbeitete Maßnahmen, Umsetzungsprioritäten und einen Zeitplan enthalten muss. Dieser umfasst drei Handlungsfelder, die abhängig von den örtlichen Rahmenbedingungen optimiert werden: Reduktion des Wärmebedarfs in Gebäuden, erneuerbare Wärme- und Kälteversorgung mit thermischen Netzen sowie mit erneuerbaren Energien betriebene Einzelheizungen. Dabei müssen alle verfügbaren technischen Lösungen einbezogen werden: Solarthermie, Wärmepumpen, Biomasse, Klärgase, Abwärmequellen und viele mehr. Dazu gehören auch stadtplanerische Maßnahmen wie Begrünung sowie eine langfristige Power2X Strategie für den Einsatz Grüner Gase.

Eine nachhaltige Industriepolitik für NRW

NRW ist das Land großer Industrien und wird es mit uns bleiben. Stahlwerke, Raffinerien und Grundstoffchemie im Ruhrgebiet genauso wie im Chemiegürtel um Köln. Grundstoffe bilden ein solides Fundament für Metallverarbeitung und Spezialchemikalien innovativer oft mittelständischer Unternehmen. Industrien werden grüner, wichtiger denn je ist die Versorgungssicherheit mit verlässlichen Lieferketten – vom Grundstoff zum hochwertigen innovativen Endprodukt.

Der mit der Transformation einhergehende Strukturwandel muss mehr sein als ein „Reparaturbetrieb“. Er muss eingebettet sein in eine aktive Industrie- und Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen, die auf Innovationen, Mittelstand, Investitionen und junge Gründerinnen und Gründer setzt sowie gleichzeitig Infrastrukturen aufbaut und Rationalisierungen sozial abfedert. Von unserer Konkurrenz unterscheidet uns, dass wir Klimaschutz beherzt angehen, ohne in Opposition zu Wirtschaftswachstum zu stehen. Es muss jetzt darum gehen, dass NRW nicht nur ein Industrieland bleibt, sondern klar Industrieland Nummer eins in Deutschland für moderne, zukunftsfähige Industrieunternehmen ist. Für diese Transformation braucht es einen starken Staat, der einen klaren politischen Korridor für die ökologisch nachhaltige Transformation der Industrie aufmacht. Dafür braucht es den Aufbau von Leitmärkten für klimaneutrale Grundstoffe unter anderem durch verbindliche Recyclingquoten, unabhängige Labels für klimaneutrale und sozialverträgliche Produkte und Verfahren sowie Innovationsausschreibungen, zum Beispiel bei öffentlichen Bauten oder bei Technikbeschaffung.

In Europa ist Duisburg immer noch die Stahlstadt Nummer eins. In keiner anderen Region als in Nordrhein-Westfalen können derzeit in einem über Jahrzehnte etablierten räumlichen Verbund die Stahlproduktion, die Logistik und die nachgelagerte Metallverarbeitung effizient zusammenwirken. Die 47.600 Menschen, die heute in der Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen beschäftigt sind, stehen für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Ohne die Stahlindustrie in NRW könnten weite Teile des Automobil- und Maschinenbaus nicht mehr unabhängig von China, Russland oder Korea den Grundstoff Stahl für ihre Produkte einsetzen. Um notwendige Transformationen zu bewältigen und den Stahlstandort NRW abzusichern, bedarf es der regionalpolitischen Unterstützung und Beteiligung des Landes, des Bundes und der EU. Hierfür bieten sich Fonds und Stiftungsmodelle an.

Tatsache ist, dass Stahl, egal wo auf der Welt, in Zukunft ohne Kohle produziert werden wird. Die Frage ist nur, wann und wer dabei am schnellsten ist. Damit wir vorn dabei sind, muss die Produktion bei uns gehalten werden, damit wir sie zügig umbauen können. Die Lösung dafür heißt Wasserstoff. Wasserstoff ist nicht nur Speichermedium, sondern kann in Produktionsprozessen wie der Direktreduktionsverfahren zur Stahlerzeugung und in der chemischen Industrie direkt als Rohstoff eingesetzt werden. Auch für die chemische Industrie birgt die Umstellung auf Wasserstoff große Chancen.

Die Region Rhein-Ruhr ist schon heute ein Reallabor für die industrielle Anwendung von Wasserstoff und unter anderem Standort des neuen Technologie- und Innovationszentrums Wasserstoff (TIW) des Bundes. In keinem anderen Bundesland konzentriert sich derzeit die Wertschöpfungskette der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in den Bereichen Mobilität (Logistik) und Industrie (Stahl) so, wie in Nordrhein-Westfalen. Die Region kann und sollte daher zum Wasserstoffzentrum für Deutschland werden. Deshalb brauchen wir auch ein Pipeline-Netz, durch das wir den Wasserstoff im ganzen Land leiten können, statt ihn nur mit LKWs, Binnenschiffen oder Zügen zu transportieren.

Es geht bei der Transformation von Nordrhein-Westfalen zum Wasserstoffland Nummer eins aber nicht nur um technologische Fragen, sondern auch um die Bindung und Ausbildung von Fachkräften. Insofern ist die Schaffung eines Ausbildungszentrums zur Qualifizierung von Fachkräften für den Umgang mit H2-Technologien und den H2-Anwendungen und zur Qualifizierung von Solarteuren und Elektrikerinnen für den Ausbau der Solarenergie und Ladeinfrastruktur ein ebenso wichtiger weiterer Schritt.

Der Umbau alter Industrien und Standorte braucht neue Energien. Strom aus erneuerbaren Quellen wird die Feuerung großer Petrochemie-Werke ersetzen – das sind Strommengen wie sie unsere Großstädte verbrauchen. Die vorhandenen Erdgasfernleitungen sollen für die Umnutzung für grünen Wasserstoff umgebaut werden.

Unternehmen gründen und erfolgreich machen

Die großen Veränderungen unserer Zeit sind die Spielfelder für neue Ideen, neue Unternehmen und neue Technologien. Wir wollen, dass dieses neue wirtschaftliche Spiel möglichst viele Gewinnerinnen und Gewinner hervorbringt. Nachhaltige Industriepolitik ist auch moderne Industriepolitik. Dies bedeutet, dass wir die Ansiedlung moderner Industrien, wie die Produktion von Mikrochips vorantreiben werden. Außerdem werden wir in ganz NRW moderne Infrastrukturen auch für die Industrie flächendeckend, beispielsweise durch Hyperscaler, ausbauen. Wir finden Unternehmergeist und Gründungswille ist unsere ganze Unterstützung wert. Start Ups sind gut, denn Unternehmerinnen und Unternehmer übernehmen Verantwortung für sich selbst und andere. Wann immer sie diese Verantwortung zum Wohle von Gesellschaft, Umwelt sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einsetzen, ist unternehmerisches Engagement ein Gewinn für uns alle.

In Nordrhein-Westfalen gibt es schon heute bewährte Finanzierungs- und Beratungshilfen, um den Erfolg junger Unternehmen zu unterstützen. Diese Unterstützung entlässt uns als Politik aber nicht aus der Verantwortung, die Startbahnen für unternehmerischen Erfolg freizuräumen. Wir wollen, dass junge Unternehmer und Unternehmerinnen starten können und wenn es mal zur Bruchlandung kommt, dann geben wir gerne eine zweite, dritte oder immer neue Chance.

Viele Unternehmer und Unternehmerinnen wollen und müssen Verantwortung für die sozialen Folgen ihres Handelns übernehmen. Wir wollen die Verbindung von wirtschaftlichen und sozialen Zielsetzungen bei bestehenden Unternehmen, bei Gründungen und in neuen Rechtsformen stärker als bisher unterstützen und fördern (social entrepreneurship). Dazu gehört auch eine auf soziales Unternehmertum ausgerichtete Förderkulisse sowie die Berücksichtigung sozial-ökologischer Kriterien für öffentliche Ausschreibungen.

Für Startups von Frauen werden wir ein spezielles Förderprogramm entwickeln und die vorhandenen Gründungsberatungs- und Gründungsförderprogramme geschlechtergerechter gestalten.

Lebenslang Karriere durch berufliche Bildung

Wir wollen, dass alle Menschen mit ihrem Berufsweg zufrieden sein können. Das bedeutet, dass man sich im Leben verändern können muss. Nicht für jeden passt der immergleiche Beruf für das ganze Leben. Viele Menschen wollen im Lauf des Lebens noch etwas Neues lernen. Genau dafür schaffen wir das passende Angebot. Mit Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Gewerkschaften, Volkshochschulen, Berufskollegs und der Agentur für Arbeit wollen wir dafür sorgen, dass Weiterbildung und berufliche Neuorientierung jederzeit möglich sind.

Außerdem wollen wir die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen systematisch für beruflich Qualifizierte öffnen und eine Ausweitung des berufsbegleitenden Weiterbildungsangebots durch die nordrhein- westfälischen Hochschulen anstoßen. Gerade die verstärkte Einbindung von erfahrenen Berufstätigen bringt auch Chancen für einen engeren Praxis- und Anwendungsbezug in Forschung und Lehre mit sich.

Die handwerkliche Meisterausbildung, als zentralen Bestandteil der Sicherung von Qualität und des beruflichen Aufstiegs, werden wir deshalb stärken und gemeinsam mit dem Handwerk Wege erarbeiten, bestehende Zugangshürden abzubauen. Die Meisterausbildung soll wie der Master an der Hochschule kostenfrei werden. Das Land wird deshalb die Kosten übernehmen, die Meisterinnen und Meistern bei ihrer Ausbildung nach Abzug des bewährten Meister-BAföG und anderer Förderungen entstehen. Gleichzeitig werden wir die Einrichtungen der gemeinwohlorientierten Weiterbildung finanziell verlässlich ausstatten. Dazu wollen wir die jährliche Etatsteigerung von zwei Prozent der Weiterbildungsmittel im Gesetz verankern. Darüber hinaus wollen wir die Entwicklungspauschale und den Innovationsfond nun nach der Probephase genau in seinen Wirkungen auswerten und, falls dieser gehalten hat, was er verspricht, auch entfristen und finanziell stärker ausstatten.

Wirtschaftlicher Vorsprung durch gute Ausbildung

Nicht nur die Weiterentwicklung im Beruf, sondern auch der Einstieg ins Berufsleben soll glücklich machen. Der Start ins Berufsleben soll motivieren und Ansporn bieten, mehr erreichen zu wollen. Die erste Erfahrung junger Menschen mit dem Arbeitsmarkt soll es sein, gebraucht und gewollt zu sein.

Wir werden die duale Ausbildung attraktiver machen. Das beginnt damit, dass wir den Übergang von der Schule in den Beruf noch besser begleiten. Kein junger Mensch wird auf der Strecke bleiben. Das Erfolgsprogramm „KAoA – Kein Abschluss ohne Anschluss“, das wir als SPD gemeinsam mit den Grünen eingeführt haben, wollen wir stärken und weiterentwickeln. Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss brauchen auch zweite, dritte oder immer neue Chance.

Jugendliche, die im Schul- und Ausbildungssystem scheitern, fangen wir konsequent auf. Wer trotzdem keinen Ausbildungsplatz finden kann, erhält die Chance zur Nachqualifizierung und ersten beruflichen Erfahrungen. Hierfür werden wir das Konzept der Produktionsschulen wiederaufnehmen und finanziell langfristig absichern. Hier können Schulabschlüsse nachgeholt werden, Praxiserfahrung gesammelt und ein Ausbildungsabschluss erzielt werden. Kein junger Mensch bleibt in Nordrhein-Westfalen ohne Abschluss zurück.

Eine gute Ausbildung ist ein überzeugender Weg zu einem Leben in Zufriedenheit. Deshalb werden wir eine Ausbildungsplatzgarantie in Nordrhein-Westfalen einführen. Finanziert wird diese, indem Betriebe, die ausbilden unterstützt werden und Betriebe, die nicht ausbilden, die Kosten tragen. So schaffen wir Anreize für mehr Ausbildungsplätze und stellen sicher, dass die Unternehmen, die in die Ausbildung von Fachkräften investieren, nicht allein das Risiko tragen. Alle Unternehmen brauchen Fachkräfte, aber nur einige bilden sie aus. Daher stärken wir die Konkurrenzfähigkeit ausbildender Betriebe und helfen ihnen beim wirtschaftlichen Erfolg. Ein erster Schritt dahin wird die subsidiäre Finanzierung außerbetrieblicher Ausbildung sein, mit der Perspektive des Übergangs in betriebliche Ausbildung, wie es in Österreich bereits seit Jahren erfolgreich stattfindet.

Ergänzend wollen wir die Gründung einer gemeinnützigen GmbH des Landes vorbereiten, die in Regionen als Ausbildungsverbund agiert, wo bisher keine Verbünde existieren. Denn Digitalisierung und ökologische Transformation werden nur real, wenn sie von gut ausgebildeten Fachkräften umgesetzt werden.

Überall in Deutschland herrscht Fachkräftemangel. Deshalb ist es eine Chance für Nordrhein-Westfalen, sich mit höheren Ausbildungsquoten und besserer Ausbildungsqualität wirtschaftliche Vorteile zu erarbeiten. Wir wissen, dass Regionen in Deutschland in Konkurrenz zueinanderstehen und setzen alles daran, dass Nordrhein-Westfalen dabei gut abschneidet. Deshalb investieren wir in attraktive Berufskollegs als Lehr- und Lernorte.

Die Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen werden wir bestmöglich technisch wie personell ausstatten. Mit unserem Programm „Gute Berufskollegs 2030“ werden wir binnen weniger Jahre alle Berufskollegs sanieren, modernisieren und digitalisieren können. Berufskollegs sollen Transformationszentren werden. Orte, an denen man als Azubi stolz ist, zu lernen und die eingestellt sind auf immer neu entstehende Berufsbilder.

Für die beste Ausbildung brauchen wir auch die besten Lehrkräfte. Ganz Deutschland wirbt um Lehrerinnen und Lehrer, und wir wollen mit Qualität überzeugen. Wir werden die Zahl der Studienstandorte für das Lehramt an Berufskollegs erhöhen. Auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen Lehrerinnen und Lehrer ausbilden. An neuen und alten Studienorten wollen wir die Studieninhalte praxisnäher ausrichten, damit die Abbruchquote unter den Studierenden für das Lehramt an Berufskollegs sinkt. Gleichzeitig verbessern wir die Arbeitsbedingungen an den Berufskollegs durch mehr Familienfreundlichkeit und durch eine Abkehr von starren Laufbahn-Mustern.

Nicht zuletzt werden wir dafür sorgen, dass Auszubildende Studierenden gleichgestellt werden. Wir werden ein günstigeres Azubiticket mit besserer Leistung einführen. Junge Auszubildende sollen genau wie Studierende im Land mobil sein zu fairen Preisen. Dazu beseitigen wir versteckte Ausbildungskosten und fördern den Bau von barrierefreien Azubiwohnheimen.

Wir finden eine berufliche Ausbildung sehr wertvoll. Sie ist für viele junge Menschen der passende Anschluss an die Schulzeit. Das trifft auch auf Jugendliche mit Abitur zu. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass Schulen im Sinne der Profilbildung einen handwerklichen Zweig in der gymnasialen Oberstufe einführen können.

Die öffentliche Anerkennung für handwerkliche Berufsausbildungen werden wir weiter befördern, indem wir den Bachelor Professional ausbauen und modular erworbene Qualifikationen zusätzlich anerkennen.

Weil Eltern und Lehrerinnen und Lehrer wichtige Ansprechpersonen für die Berufswahl sind, werden wir Informationskampagnen durchführen, die das Wissen dieser Gruppen um neue Berufsbilder und die Chancen des Ausbildungsmarktes erhöht.

Uns freut, dass sehr viele junge Menschen mit Einwanderungsgeschichte erfolgreich in unserem Handwerk sind. Sie sind eine wichtige Stütze des Erfolges der Betriebe im Land. Für viele ist das Berufskolleg und die Ausbildung der wichtigste Integrationsort und genau deshalb nutzen wir eine Veränderung der Berufsschulpflicht, um diese Integrationsleistung weiter zu unterstützen.

Wir stärken den sozialen und den inklusiven Arbeitsmarkt

Die Arbeit von morgen wird besser. Das bleibt unser Ziel und es soll für alle gelten. Auch für Menschen, die heute noch arbeitslos sind oder wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wir wollen die Teilhabechancen von Arbeitslosen auf dem allgemeinen und dem sozialen Arbeitsmarkt stärken. Wir wollen mehr dafür tun, dass Menschen, die Unterstützung aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten, Arbeit finden und auch langfristig behalten. Dafür ist Qualifizierung der Schlüssel. Deshalb soll für diejenigen, die keinen Abschluss haben, Qualifizierung den Vorrang vor Vermittlung in Arbeit bekommen.

Wir werden neben den Bundesprogrammen zusätzlich mit einem eigenen Landesprogramm in Höhe von acht Millionen Euro den Sozialen Arbeitsmarkt, in den besonders vom Strukturwandel und hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Regionen Nordrhein-Westfalens, stärken. So geben wir dort Anschubfinanzierung, wo sich noch viel entwickeln muss. Dabei denken wir Hilfen zusammen, indem wir die Schuldnerberatung in Nordrhein-Westfalen konsequent, niederschwellig und aufsuchend ausbauen, um auch den Menschen, die in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung durch Schulden gehemmt sind, einen Ausweg zu ermöglichen.

Wir werden den inklusiven Arbeitsmarkt mit eigenen landesweiten Programmen unterstützen und ausbauen. Dazu gehört insbesondere die vermehrte Vergabe an Unternehmen, die inklusive Arbeitsplätze anbieten und in denen diese schon bestehen. Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch, dass wir von diesen Unternehmen erwarten, dass ihre Mitarbeiter*innen einen ordentlichen Lohn erhalten. Wir solidarisieren uns deshalb mit der Forderung nach der konsequenten Umsetzung des Mindestlohns in Werkstätten für Behinderte.

Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren leisten einen wichtigen Betrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung von Arbeitsuchenden, zur beruflichen Neuorientierung und zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Auch ihren Beitrag zur Bekämpfung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse unterstützen wir. Die Arbeit der Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren werden wir deshalb weiter bedarfsgerecht finanzieren.

Wir stärken den Wirtschaftsstandort „ländlicher Raum“

Rund sechs Millionen Menschen bzw. ein Drittel der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen leben auf dem Land. Und das Leben auf dem Land gewinnt weiter an Attraktivität. Der Trend hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie nochmal verstärkt. Auch weil sich die ländlichen Räume in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert haben. Zwar prägen Land- und Forstwirtschaft noch immer das landschaftliche Bild, sie dominieren aber nicht mehr das wirtschaftliche und soziale Leben vor Ort.

Die ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen sind heute wichtige Industriestandorte, in denen viele Weltmarktführer für industrielle Produkte zuhause sind. Auch die gewerbliche Wirtschaft ist hier in den letzten Jahrzehnten um ca. 50 Prozent gewachsen, in den nicht ländlichen Räumen lediglich um ca. 30 Prozent. Dörfer und kleine Städte in NRW boomen – es wird daher Zeit, dass die Landespolitik diese Entwicklung aktiv befördert!

Wir als SPD verstehen uns als starker Partner des ländlichen Raums. Wir sind nicht allein auf die Großstädte fokussiert, sondern erkennen auch die Stärken des Dorfs für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes.

Wir wollen den Wirtschaftsstandort ländlicher Raum mit seinem Leistungsvermögen und mit seinen Innovationspotenzialen stärken. Deshalb setzen wir darauf, regionale Förderprogramme aufzusetzen. Wir wissen ganz genau, dass nicht jede Gegend in Nordrhein-Westfalen die gleichen Dinge braucht, und deshalb organisieren wir Förderung passgenau statt landeseinheitlich. Vor diesem Hintergrund werden wir ein Forschungsinstitut für Sozio-Informatik gründen, dass sich insbesondere mit der Förderung von Lebensqualität und Daseinsvorsorge in ländlich industrialisierten Räumen beschäftigt.

Der wirtschaftliche Boom des ländlichen Raums sorgt für einen wachsenden Bedarf an Fachkräften. Genau deshalb fördern wir die Ausbildung flächendeckend in NRW. Genau deshalb setzen wir auf Fachkräfteprogramme. Genau deshalb werden wir Hochschulen und Unternehmen im ländlichen Raum vernetzen. Genau deshalb wollen wir regionale Kooperationen fördern und werden dafür sorgen, dass ländliche Räume enger mit den Ballungszentren vernetzt werden.

Zudem wollen wir den Breitbandausbau beschleunigen, Infrastrukturen und Daseinsvorsorge weiterentwickeln sowie die Gesundheitsversorgung vor Ort sichern. Mehrfunktionshäuser sowie Räume zur gemeinschaftlichen Nutzung, wie Co-Working-Spaces, wollen wir fördern. Wir wollen außerdem attraktive Lebensbedingungen für Familien mit Kindern, für junge und ältere Menschen schaffen – von guten Nahverkehrsmöglichkeiten über frühkindliche Bildung bis hin zu guten Pflegeangeboten –, die gerade in den ländlichen Räumen Nordrhein-Westfalens dringend gebraucht werden.

Der ländliche Raum in Nordrhein-Westfalen mausert sich zum zweiten industriellen Herz unseres Landes. Wir rechnen damit, dass starke Unternehmen in Dörfern und kleinen Städten zunehmend die Attraktivität dieser Kommunen steigern, und deshalb braucht es auch die passende Infrastruktur. Genau deshalb werden wir die Schließung von Krankenhäusern vor Ort beenden. Der ländliche Raum muss attraktiv sein, damit er weiter den wirtschaftlichen Erfolg des Landes vorantreiben kann.